In früheren Jahren auch Sitkow geschrieben, ist ein Pfarrdorf und altes Lehn-Rittergut des Geschlechts derer von Kleist, obwohl im 14. Jahrhundert und auch noch in späteren Jahren andere Geschlechter in Siedkow ansässig waren. Der Bau der Kirche wird dem Jahr 1128 zugeordnet, einer Zeit, in der Bischof Otto von Bamberg auf seiner zweiten Bekehrungsreise auch in Belgard missioniert haben soll. Entsprechende Hinweise wurden im Innern der Kirche gefunden. Vermutlich wurde Siedkow bereits sehr früh gegründet. Berichtet wird von den Herren von Wolden, die aus Holstein nach Pommern kamen, Wälder rodeten und sich mit Bauern ansiedelten. Solche gerodeten Waldbezirke und wüsten Feldmarken fielen gewöhnlich den einwandernden deutschen Rittern als Lehen zu. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden 263 Einwohner, 31 Wohnhäuser, 23 Wirtschaftsgebäude und eine Wassermühle an der Leitznitz gezählt. An Vieh waren vorhanden: 51 Pferde, 128 Rinder, 1406 Schafe, 21 Schweine, 1 Ziege und 8 Bienenstöcke. 1939 waren 277 Einwohner in 66 Haushaltungen ansässig. Die Mühle an der Leitznitz wurde bis Kriegsende 1945 betrieben.
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1648 ist die Kirchenchronik von Siedkow neu- bzw. fortgeschrieben worden. Sie führt den Nachweis, daß der im Jahre 1945 Artur Venzke gehörende Hof seit mehr als drei Jahrhunderten ununterbrochen im Besitz dieser Familie war. Die Verbundenheit der damaligen Geschlechter mit ihrem Heimatdorf wurde auch dadurch bekundet, daß jeder Bauer bei seiner Heirat sieben Obstbäume und sieben andere Bäume zu pflanzen hatte. Die letzten alten Bäume sollen noch im 19. Jahrhundert gestanden haben. Das Rittergut wurde 1899 parzelliert und besiedelt. Letzter Gutsbesitzer war Gustav Drews, er wurde im März 1945 von russischen Soldaten erschossen.
Siedkow liegt auf ebener Flur sechs Kilometer südöstlich von Belgard an der Leitznitz. Ein ausgebauter und gepflegter Fußweg parallel zum Ufer verkürzte den Weg zur Kreisstadt auf vier Kilometer. Eisenbahnbenutzer waren auf die Bahnhöfe in Belgard und Siedkow – Schneidemühle an der Kleinbahnstrecke Schwellin – Belgard angewiesen. Die leichten bis mittelschweren Böden wurden vom Gut, sieben größeren Betrieben mit zwanzig bis fünfunddreißig Hektar (Otto Borghardt, Hermann Collatz, Hermann Fritzke, Hermann Priebe, Paul Priebe, Albert Prochnow und Artur Venzke), acht Betrieben von zehn bis zwanzig Hektar, zwei Kleinbetrieben mit fünf bis zehn Hektar Nutzfläche sowie sieben Nebenerwerbslandwirten, die zum Teil ihre Ländereien verpachtet hatten, bewirtschaftet.
Folgende Flurnamen sind überliefert: Die Zwirn, Heidberg, Heidekraut, Die Steinigen, Elkstüft, Die Schlohn, Kijant, Der Kazerbrink, Fuchsgrund, Der Koppelort, Die Klinken, Bullenberg, Hasengarten, Dratsches Feld, Schwinsmul, Brus‘ fort, Schlebarch, Kiegang, Kauskabeln, Freiheit, Langer Saal, Am Breiten Stein, Heide, Querstück und Am Neuen Weg.
Die bereits erwähnte Leitznitzpromenade vom Belgarder Schwimmbad nach Siedkow war an Wochenenden oftmals von Spaziergängern bevölkert. Ausflugsziel war im allgemeinen die Gastwirtschaft von Erich Trosin, wo man sich gern bei Kaffee und Kuchen traf. Auch die Schüler der Tanzschule Harke wanderten nach einem Mittelball oftmals dorthin, um im Saal von Trosin die bereits erlernten Tänze zu zeigen. Dazu wurden sie am Klavier von dem unvergessenen Walter Butt begleitet. Weitere beliebte Ausflugsziele waren der Nifkenberg mit Tanzplatte und Rodelbahn und der gepflegte Gutspark.
Für das Vereinsleben waren der Turn- und Sportverein Siedkow, der Kriegerverein unter Vorsitz von Gustav Drews und – neben ihrer eigentlichen Brandschutzaufgabe – auch die Freiwillige Feuerwehr unter der Führung von Bürgermeister Willi Treichel zuständig. Die Spar- und Darlehenskasse Siedkow – Klempin mit ihrem Leiter Ernst Westphal, Maurermeister Bruno Schumann, Schmiedemeister Ernst Schumacher, Schneidermeister Günter Manke, Schuhmachermeister Albert Lemke, Stellmachermeister Otto Beiz und Zimmermeister Rudolf Gomoll gewährleisteten in allen Bereichen eine gute Grundversorgung der Bevölkerung. Die Mühle an der Leitznitz wurde von Müllermeister Hugo Berz betrieben. Auch ein Kindergarten war im Ort vorhanden.
Der bisherige Gutsbezirk und die Gemeinde Siedkow wurden 1928 zur Landgemeinde Siedkow zusammengelegt. Letzter Bürgermeister war Willi Treichel, während Otto Venzke das Amt des Ortsbauernführers innehatte und auch Amtsvorsteher Hermann Fritzke vertreten mußte. Standesbeamter Herbert Fauk und sein Vertreter Schade wohnten in Dubberow. Das Landjägeramt Siedkow war mit Landjägermeister Bombien besetzt. Die Volksschule wurde über lange Jahre von Julius Radtke geleitet, der vor dem Ersten Weltkrieg als Lehrer an einer deutschen Schule in Palästina tätig gewesen war, bevor er von den Engländern interniert wurde. Der große Klassenraum war mit vielen Bildern aus dem Heiligen Land geschmückt; biblische Geschichte und Kirchenlieder waren Schwerpunkte in der täglichen Unterrichtsarbeit. Der zuständige Schulrat war hiervon zwar nicht begeistert, drückte aber beide Augen zu und so wurden die Siedkower Kinder allesamt fromme Schüler. Als Pastor Röhrig im letzten Krieg eingezogen wurde, übernahm Lehrer Radtke auch die Aufgaben eines Predigers in Siedkow und Pumlow. Für die Hin- und Rückfahrten mussten die Pumlower Bauern jeweils einen Kutschwagen bereitstellen. Im Dritten Reich wurde er vermutlich nur noch wegen seines Alters und seiner treu-deutschen Art geduldet. Zuletzt unterrichtete Julius Radtke nur noch in den Fächern Erdkunde und Religion, wobei den Schülern die Teilnahme am Religionsunterricht freigestellt war. Als »Dorfschulmeister« alter Art hat er stets seinen Mann gestanden und seinen Schülern sein Deutschlandbild, das durch die Vor – NS – Zeit geprägt war, vermittelt. Julius Radtke verkörperte ein Stück Siedkow.
Am 5. März 1945 wurde Siedkow von russischen Truppen besetzt. Leider sollte sich die Parole, daß der Krieg nun vorbei sei, nicht erfüllen. Es begann eine leidvolle Zeit für die deutsche Bevölkerung. Am 17. März 1945 wurden die Männer aus Siedkow und Dubberow über Klempin in Richtung Osten verschleppt. Nur wenige von ihnen haben die Heimat und ihre Angehörigen wiedergesehen. Nach der Vertreibung wurde das Gut aufgeteilt und gemeinsam mit den ehemaligen Einzelhöfen von den Polen bewirtschaftet. Insbesondere die fehlenden Wirtschaftsgebäude erwiesen sich dabei als äußerst nachteilig. Im Gutshaus selbst wurde eine polnische Oberförsterei eingerichtet. An der Kirche wurden die deutschen Gedenksteine entfernt, der Turm mußte wegen Baufälligkeit verkleinert werden. Viele andere Gebäude wurden abgerissen.
Quelle:
Der Kreis Belgard
Berghaus, Landbuch des Herzogtums Kaschubien