Alte Geschlechter aus den Dörfern und Städten des Kreises
Herbert Behling, Schivelbein in „Aus dem Lande Belgard 14. Jg. Nr. 17 S. 65 – 67
Vorbemerkung: Familiengeschichte kann auch einen Einblick in den Gang der geschichtlichen Entwicklung vermitteln. Wir erkennen am Beispiel der Geschichte der Familie Behling die Schicksale einer Kolonistenfamilie aus dem 13. Jahrhundert, erfahren aus Hinweisen der Sprachgeschichte ihre ursprüngliche Heimat, aus Akten und Kirchenbüchern ihre Verzweigung und Ausbreitung über verschiedene Dörfer des Kreises, die Veränderung ihres Besitztums und ihre Lebens – und Berufsschicksale. Der Verfasser wendet sich mit dieser Arbeit namentlich an die Träger des Namens Behling im Kreise und hofft unter ihnen für die Gründung eines Familienverbandes zu werben. ( Die Schriftleitung. )
Einer der häufigsten Familiennamen, welche im Belgarder Kreise vorkommen, ist der Name Behling. Nicht nur, daß in der Stadt Belgard selbst viele Behlings wohnen, auch in fast jedem Dorfe des Landkreises ist der sonst recht seltene Name vertreten. In den übrigen Gebieten Pommerns kommen Behlings nur sehr vereinzelt vor, und es erhebt sich die Frage, warum diese Häufung des Familiennamens gerade in der Umgebung Belgards zu beobachten ist.
Nicht immer gab es Behlings im Belgarder Land. In den ältesten Urkunden kommt der Name nicht vor, weder in den Kirchenbüchern noch in den verschiedenen Quellen des Staatsarchivs. Erst im Jahre 1664 ist zum ersten Male in dem Bericht eines Amtmanns über Kösternitz von einem Bauern Böhling die Rede ( Staatsarchiv Rep. 65 b. Acc. 15 / 01 Nr. 189 ). In dieser Akte heißt es wörtlich:
„ Es sind die beyden Höfe zu Kösternitz, als beylfußen, und des Schulzen seiner noch nicht wieder erbauet, Weile die Nachbarschaft eine Zeithero Ungerne gewolt, das des beylfußen Unglücksehliger hof,als davon in 17 Jahren Zweinmahl ein so großes Unglücke endstand, wieder sollte erbauet werden: Böhling auch zur erbauwng des Schulzen hofes, weile sein Schwiejer Vater und sein Weib im Feuer geblieben, nicht gerne resolvieren wollen . . . .“. – Da in diesem Bericht von dem Schwiegervater des Böhling die Rede ist, muß angenommen werden, daß sich dieser erste Böhling in den Schulzenhof des Dorfes Kösternitz eingeheiratet hat. 1632 wird Jochim Zidow als Schulz erwähnt. Später kommt dieser Name nicht mehr vor, sondern an seiner Stelle der Name Böhling. In einer „ Beschreibung des Amtes Belgard „ von 1675 erfahren wir genaueres über den genannten Böhling. Von den 14 Bauern und 2 Coßäten des Dorfes Kösternitz steht an 10. Stelle:
„ Michel Beling, Volbaur Erbunterthan, hat 3 Söhne, Jochem, Christopfer und Christian, ältester 22 Jahr alt, ist auch vorhin abgebrandt und hatt 4 Zimmer ganz neu aus der grundt sehr guth ausgebauwet.
Aussadt an Winter und Sommer korn, wovon der Segen Gottes zu erwarten, auch was an heuw zu vermuthen:
18 Scheffel Rogken, 12 Scheffel Gerste, 8 Sch. Haber, 1 ½ Sch. Erbsen, 11 fuhder heu. Hatt an Vieh: 5 Pferde, 4 Ochsen, 4 Kühe, 1 Sterke, 2 Kälber, 8 Schweine, 18 Ganse, 8 Stöcke Immen.“
Dieser Michel Behling ist zweifellos der Stammvater aller heute in der Umgebung Belgards lebenden Behlings. Alle Träger dieses Namens, die sich ihres gemeinsamen Blutes heute nicht mehr bewußt sind, werden wenn sie sich die geringe Mühe einer Ahnenforschung in den Kirchenbüchern machen, auf diesen gemeinsamen Ahnen zurückkommen.
Michel Behling, der nach dem Tode seiner ersten Frau noch ein zweites Mal geheiratet hatte, starb laut Kirchenbucheintragung im Jahre 1686. Am 04. September wurde er „ mit einem leich sermon“ beerdigt. Er muß etwa um 1615 geboren sein. Von seinen 3 genannten Söhnen übernahm Jochim, also der älteste, den väterlichen Hof. Er heiratete 1675 die witwe Catharinna Zülichen geb. Maas, wird später Schulz und erreichte als solcher ein Alter von 92 Jahren. Christopfer, „ ein junger hübscher wirth starb am 03. Martii 1684″ ( laut Kirchenbuch ) und Christian, der jüngste, wurde ebenfalls Bauer in Kösternitz.
Außerdem hatte Michel noch 3 Töchter, die allerdings im Bericht von 1675 nicht genannt werden, weil sie für die Erbfolge nicht wichtig waren. Sie heiraten alle in Kösternitz:
Anna anno 1673 den Bauersmann Christopf Krüger,
Maria anno 1776 den Bauersmann und Witwer Hans Maas.
Christa anno 1681 den Bauersmann Jochim Maas.
Nach dem „ Erbregister und Inventarium des Amts Belgard de 1707″ bestanden in Kösternitz also schon 2 Höfe, deren Besitzer den Namen Beling führten:
1.) Jochim Beling der Schulz, Erbunterthan und Vollbauer, hat Kind: Michel von 26, Christian von 20, Henrich von 16, Friedrich von 14, Anna von 12, Sophie von 8 Jahr. Ein Sohn und eine Tochter ausgegeben.
Wohnhaus von 9 gebindt ist durch das gewitter angezündet und dieses Haus in anno 1687 erbauet aus des Wirths eigenen mitteln, wozu Er nur 2 alt eychene strempel von der Herrschaft holz bekommen. Scheune von 9, Thorhaus von 9, Ein Stal von 6, und ein Stal von 4 gebindt, welche beyde Ställe der wirth auch ohne Zuthat d. Herrschaft gebauet. Aussaat:
19 Scheffel Rogken, 12 Gerste, 9 Haber, 1 Erbsen, 9 Fuder Heu.
Hat an Vieh: 7 Pferde, 4 Ochsen, 4 Kühe, 3 Rinder, 1 Kalb, 8 Schweine, 7 Gänse, 12 Schafe.“
2.) „ Christian Behling, Ein Erbunterthan hat Kind:
Maria von 18, Christopf von 17, Jochim von 14, Daniel von 13, Christian von 10, Regine von 8, Sophie von 7, Friedrich von 3 Jahren.
Wohnhaus von 9 gebindt, Scheune von 8 gebindt, Thorhaus von 9, Stal von 6, dito von 4, dito von 3 gebindt.
Aussaat: 18 Scheffel Rogken, 14 Gerste, 10 Haber, 1 Erbse, 10 Fuder Heu.
Hat an Vieh: 6 Pferde, 6 Ochsen, 5 Kühe, 4 Rind, 2 Kalb, 8 Schwein, 8 Gans, 15 Schaf.“
Die zahlreichen Nachkommen dieser beiden Brüder sind nun nicht mehr alle in Kösternitz geblieben. Viele haben sich in den benachbarten Ortschaften angekauft oder eingeheiratet. Einige sind Einlieger und Coßäten, andere Instleute geworden.
Um 1750 wird in Kösternitz und später auch in Vorwerk ein Schulmeister Beling genannt. Auch in Belgard tauchen bald Belings als Ackerbürger und Handwerker auf.
1731 finden sind in Kösternitz die 3 Bauern: Heinrich, Christian und Christopf Beling, in Denzin: Friedrich Beling und in Vorwerk: Christopf Beling.
1755 werden erwähnt: in Klempin der Bauer Heinrich Böling, in Kösternitz die 3 Bauern: Friedrich, Christian und Christian Friedrich Böhling; in Denzin der Bauer Friedrich Böhlling, in Pustchow der Halbbauer Daniel Böhling, In Vorwerk die 3 Bauern: Christian, Friedrich und Christopf Böhling und der Schulmeister Heinrich Böhling.
So haben sich im Laufe der Jahrhunderte die Nachfahren des Michel Beling über ein weites Gebiet verbreitet. In Kösternitz, wo die Verzweigung des Stammbaumes begann, leben die Behlings auch heute noch z. T. auf den alten Höfen. Es ist unmöglich, im Rahmen dieser kleinen Arbeit alle Stammreihen bis auf die Gegenwart zu verfolgen. Nur eine Linie soll hier wiedergegeben werden:
I. Michel Belings ältester Sohn
II. Jochim Beling geb. 1646, gest. 09.04.1738, verh. mit Catharina Maas; vererbte seinen Hof in Kösternitz an seinen 3. Sohn:
III. Heinrich Beling geb. 25.09.1687, gesst. 02.02.1755, verh. mit Christina Süring. Von ihnen erbte den Hof ihr 1. Sohn:
IV. Friedrich Beling, geb. 22.04.1716, gest. 15.05.1803. Verh. mit Anna Manke. Deren ältester Sohn:
V. Heinrich Beling, geb. 17.10.1747, gest. 01. Aprl 1816. Verh. mit Anna Christina Treichel, erwarb einen Hof in Groß – Panknin. Deren ältester Sohn:
VI. Heinrich Beling, geb. 11.01.1779, gest. 28.11.1848. Verh. mit Sophia Elisabeth Behling, zog nach Belgard und wurde Brauer und Gastwirt. Deren Sohn:
VII. August Heinrich Behling, geb. 10.10. 1817, gest. 26.03.1898. Verh. in 1. Ehe mit Ulrike, Henriette Münchow, erwarb einen Bauernhof in Buchhorst. Deren Sohn:
VIII. Ludwig, Heinrich, Christian Behling, geb. 16.09.1842, gest. 22.10.1923. Verh. mit Albertine, Wilhelmine, Charlotte Krüger, heiratet in den Krügers Hof in Buchhorst.
Die jüngsten, noch lebenden Generationen sollen nicht mehr nicht genannt werden. Die Behlings dieser Stammfolge wurden also in Groß – Panknin, Belgard und Buchhorst ansässig.
Das wäre in kurzen Zügen ein Ausschnitt aus der 300 – jährigen Geschichte der Behlings im Kreise Belgard.
Nun entsteht die Frage, woher der älteste Ahn Michel Beling nach Kösternitz gekommen ist. Sein erster Sohn Jochim wurde 1646, also gegen Ende des 30 – jährigen Krieges geboren. Michel wird demnach einige Jahre vorher eingewandert sein. Vielleicht ist er durch die Wirren des furchtbaren Krieges nach Kösternitz verschlagen worden. Vielleicht auch hat der Krieg so viele junge Männer aus Kösternitz dahingerafft, daß die Bauerntöchter ihre Freier von weither holen mußten. In einem Bericht aus dem Jahre 1630 heißt es von Kösternitz: „ Außerdem hatten die Schweden furchtbar gehaust, desgleichen die Kayserlichen“.
Das Ergebnis systematischer Durchforschung weiter Gebiete Pommerns macht es sehr wahrscheinlich, daß Michel Beling aus der Gegend von Treptow a. d. Rega nach Kösternitz zugewandert ist, denn sowohl in der Stadt Treptow selbst als auch in den anliegenden Dörfern der Stadt waren in der Zeit um 1600 die Behlings scheinbar genau so häufig, wie heute im Umkreis von Belgard ( Seit 1522 mehrere Belings in Treptow, 1587 Hans Belingk in Zarben, 15899 Simon Belingk in Hagenow, 1612 Carsten Beling in Görke, 1698 Peter Beling jr. Zedlin, 1698 Henning Belinng in Küßin ). –
Darf man annehmen, daß die Umgebung von Teptow das eigentliche Ursprungsland der Belings ist ?
Folgendes spricht dagegen:
Der Ursprung des Namen Behling ( auch Beling, Belingk, Belinck, Böhling ) wird von allen Sprachforschern in germanisches Gebiet verlegt. Prof. Heintze leitet den Namen Behling von „ billa „ = spaltende Waffe = Axt, Beil, altsächsisch: „ bil“ ab. Aus: Bil – Biel – Behl – Beil. Durch patronymische Ableitung: Billig, Bieling, Beiling, Beling.
Wahrscheinlicher ist vielleicht noch die Herkunft des Namens von dem altgermanischen Stamm „ bald“ = kühn. Daraus bildete sich: Baldung, Nebenform Balling, Bölling, Böhling – Behling – Beling.
Der Name kann also um 1200, als die Familiennamen aufkamen, nicht in dem damals noch slavischen Pommern entstanden sein. Wahrscheinlich sind die Träger des Namens erst im 13. Jahrhundert anläßlich der Ostkolonisation aus germanischen Gebieten nach Pommern gekommen. Dieses germanische Gebiet wird Norddeutschland westlich der Elbe gewesen sein, denn
Wehrmann schreibt in seiner „Geschichte Pommerns“ über die pommerschen Einwanderer im 13. und 14. Jahrhundert: „ Auf Verwandtschaft der neuen pommerschen Bevölkerung mit dem niedersächsisch – westfälischen Stamm deutet mancherlei in der Volkssprache, die zuerst 1306 in die Kanzleien einzudringen beginnt, sowie in Sage, Sitte und Brauch“.
Der beste Hinweis auf die Herkunft der pommerschen Behlings ist jedoch die Tatsache, daß in Westelbien ebenfalls Behlings vorkommen. In Niedersachsen leben heute noch verschiedene Stämme, die ihre Ahnenreihe z. T. bis 1452 zurückverfolgen können. Sie führen ihre Herkunft auf das nördlich von Nienburg a. d. Weser gelegene Dorf Behlingen, daß im Hogaer Urkundenbuch bereits im Jahre 1300 erwähnt wird, zurück. Der Besitzer der beiden Vollmeierhöfe, nach denen das Dorf benannt sein soll, führt noch heute den Namen Behling. Die Geschichte dieses Stammes wird in dem Buch von Hans Berner:“ Die Behlings in Hajen und Polle“ behandelt. ( Verlag: Goldaper Zeitung, Goldap) .
Eine andere westelbische Linie stammt aus dem Dorfe Behling, südlich Hagen in Westfalen.
Es wird sicher niemals mehr gelingen, eine urkundlich belegte Verbindung zwischen den niedersächsischen und den pommerschen Behlings herzustellen, da aus älterer Zeit zu wenig Urkunden vorhanden sind. Nur ganz wenige Kirchenbücher reichen bis in die Zeit vor dem 30 – jährigen Krieg zurück.
Zu erwähnen ist noch, daß auch ein altes Behling` sches Wappen existiert, das in silbernem Schilde auf grünem Hügel einen goldenen befruchteten Eichbaum zeigt.