Das Lapidarium in Belgard

Feierliche Übergabe der Gedenkstätte auf dem Alten Friedhof (Eisenbahnfriedhof)

Die Anregung dazu gab Starosta Stefan Strzalkowski; Burmistrz Stanislaw Ciechanowicz überließ die Friedhofsfläche gebührenfrei.

Zwar kehren wir damit nicht heim, wie ich sagen hörte, wohl aber haben unsere Toten mit der feierlichen Übergabe der Anlage eine ehrwürdige Gedenkstätte gefunden! Auf einer Grundplatte in einer Größe von ungefähr 10 qm, zusammengesetzt aus sechs terrazobelegten Betonplatten, wurde ein Lapidarium errichtet, auf dessen Gedenkstein die Inschrift lautet:

Zum Gedenken aller Toten des Landes Belgard, die in Gottes Erde ruhen.

Der Inschrift voran steht das Kreuz Christi als Zeichen des Leidens und des Sterbens, aber auch als Zeichen der Vergebung, der Versöhnung und des Friedens.

Eingerahmt wird die Gedenkstätte von 10 gut erhaltenen deutschen Grabsteinen, die von Gräbern aus den Jahren zwischen 1927 und 1941 stammen; auf ihnen stehen die Namen (v. l. n. r.): Rudolf Glasenapp, Familie Friedrich Teske, Günther und Heinz Ramin, Albertine Röske, Familie Hermann Klemp, Familie Jantz, Hans Porath, Berta Rutsatz, Adolf Skudelny und Hannelore Luckhaus.

Vor dem zentralen Gedenkstein ist liegend die noch gut lesbare Gedenkplatte der Kriegstoten 1914/18 der Gemeinde Naffin, Kreis Belgard, angebracht. Unmittelbar neben der Gedenkstätte steht links davon der hohe Granit-Grabstein der Eheleute Gymnasialdirektor Franz Hoffmann und Erna geb. Hafemann.

In einer schlichten eindrucksvollen Feierstunde, an der Vertreter des öffentlichen Lebens, der Stadt, des Kreises, der evangelischen und katholischen Geistlichkeit und mehr als 70 angereiste Belgarder, dazu die Mitglieder der deutschen Minderheit, teilnahmen, übergab Burmistrz (Bürgermeister) Stanislaw Ciechanowicz am Sonnabend, dem 10. August, die Gedenkstätte der Öffentlichkeit.

Burmistrz (Bürgermeister) Ciechanowicz begrüßte die Versammlung auch im Namen des anwesenden Starosta (Landrats) Stefan Strzalkowski und führte aus, daß die gegenseitige Verständigung durch gemeinsame Seminare möglich geworden sei und sich ein gutes Miteinander ergeben habe. Auch der Landrat und er wie weitere Bürger aus Bialogard gehörten der Vereinigung „Freunde des Alten Landes Belgard/Bialogard“ an. – Die Gedenkstätte für die Verstorbenen vor 1945 beschwor er als ein Zeichen der Gemeinsamkeit. Den früheren Bürgern der Stadt dankte er für die Übergabe von 10.000 Zloty für die Beschaffung von Exponaten für das geplante Museum.

Die deutsche Gemeinde war besonders erfreut darüber, daß der Sohn des früheren Superintendenten Johannes Zitzke, Superintendent Martin Zitzke, den Gottesdienst versah. (Erinnert sei daran, daß sein Vater Johannes Zitzke die kirchlichen Geschicke Belgards und des Kirchenkreises Belgard von 1924 bis zu seiner Ausweisung im Mai 1947 segensreich lenkte und den Kirchenkreis Belgard zu einem bedeutenden Zentrum kirchlicher Arbeit und der Inneren Mission machte.)

Superintendent Zitzke ging von dem Friedenswort der Bibel aus: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn!“

„Wir nennen den Ort der Bestattung „Fried-Hof!“ weil hier Friede sein soll zwischen den Menschen, Familien und Völkern. Darum soll dieser Ort ein Friedenszeugnis und Ruf zum Frieden zwischen Deutschen und Polen, zwischen Evangelischen und Katholiken sein; denn Gott hat mit uns den tragenden tiefen Frieden geschlossen.“

Mit der Lesung der Verse 42, 43, 55, 56 und 57 aus dem 1. Brief Abs. 15, den Paulus an die Korinther schrieb, endete Superintendent Zitzke. Der in Hinterpommern im Pfarrbezirk Köslin amtierende evangelische Geistliche Janusz Staszczak sprach ein Gebet.

Die Gemeinde begleitete die Feierstunde mit den Liedern So nimm denn meine Hände und Harre meine Seele (beide Lieder sind auch den Polen bekannt) und abschließend mit „Der ewig reiche Gott wollt uns bei unserem Leben ein immer fröhlich Herz und ewigen Frieden geben.“

Von Seiten der Polnischen Katholischen Kirche nahmen zwei Geistliche aus Belgard teil.

(Die Evangelische Kirche kennt keine Weihehandlungen an Gegenständen, deshalb nannte Superintendent Zitzke das Ereignis „feierliche Übergabe).

Barbara Haverland begrüßte sodann die Teilnehmer und nannte das Beisammensein auf dem vertrauten Alten Friedhof, mit dem unsere Herzen eng verbunden seien, ein historisches Ereignis, einen besonderen Tag im Leben der Belgarder. Sie dankte allen, die die Gedenkstätte errichteten oder zu deren Errichtung beigetragen hätten; sie dankte Superintendent Zitzke, der, so führte sie wörtlich aus: „diese Stätte für heute und alle Zeit in Gottes Hände legte!“

Barbara Haverland sagte weiter:

„Die Idee, eine Gedenkstätte für unsere Toten zu errichten, kam von Starosta (Landrat) Stefan Strzalkowski. Er bot uns auf dem Neuen Friedhof an der Körliner Straße ein Grundstück an. Über das Friedhofsamt kam dann diese kleinere Fläche zum Ankauf ins Gespräch. Die „Freunde des Alten Landes Belgard“ entschieden sich, die Gedenkstätte nicht auf dem Neuen, sondern auf diesem, dem Alten Friedhof zu errichten. Ausschlaggebend waren dafür der kürzere Weg aus der Stadt, daß der Friedhof weiter belegt und gepflegt wird und unter Denkmalschutz steht. Burmistrz (Bürgermeister) Ciechanowicz danke ich besonders; er genehmigte die Gedenkstätte, förderte das Vorhaben und erließ uns den Kaufpreis. Den Vertretern der Stadt und des Kreises danke ich für Förderung und Verständnis. Lob und Anerkennung sage ich Jerzy Szymczak für Beratung und Betreuung. Danken aber möchte ich auch Helena Kietschke vom Friedhofsamt für die freundliche Hilfestellung und Steinmetzmeister Andrzej Kröl für die gute Ausführung der 3.000 Euro kostenden Anlage. In der vorbereitenden Phase besonders der Gestaltung unterstützten mich aus dem Kreise der Belgarder Ilse Bellin (Schloßmühle), Martin Lassahn (Klempin) und Heinz Rabe (Großeltern aus Siedkow), ihnen danke ich sehr. Seit alters her gehört es zur menschlichen Kultur, daß man Verstorbenen ein Mindestmaß an Achtung und Würde gewährt. Leider erlebten wir eine Zeit, in der viele Werte missachtet wurden. Möge die heutige Stunde dazu beitragen, daß wir alle uns für einen tragfähigen Frieden einsetzen, der das Zusammenleben verschiedener Völker und Anschauungen ermöglicht und daß diese Gedenkstätte dem Frieden zum Segen gereicht.“

Am Schlusse legten der polnische Bürgermeister, der Landrat und der Freundeskreis Kränze nieder.

Das polnische regionale Fernsehen zeichnete das Ereignis auf und sandte die Aufnahmen in einer ausführlichen Reportage.

Die Errichtung der Gedenkstätte ist vornehmlich Verdienst von Frau Barbara Haverland. Sie nahm sich dieser Aufgabe tatkräftig und beherzt an, fuhr mehrmals nach Belgard, ebnete die Wege beim Bürgermeister und Friedhofsamt, entschied über die Gestaltung der Gedenkstätte, gab sie in Auftrag und überwachte die Bauausführung.

Dank auch den Mitgliedern des Belgarder Freundeskreises, insbesondere dem geschäftsführenden Vorsitzenden Dr. Harald Lutter und der Kassenführerin Lore Baehr.

Zumindest einige Belgarder aus dem Freundeskreis hätten gern ein größeres Lapidarium errichtet, damit alle noch (irgendwo) vorhandenen deutsche Grabsteine hätten aufgestellt werden können. Nur dann hätte die Anlage anderenorts (so war z. B. Fläche am Eingang des Neuen Friedhofs an der Körliner Straße neben dem Russendenkmal im Gespräch) aufgestellt werden müssen, weil der jetzige Platz dafür zu klein gewesen wäre.

Besucher finden die Gedenkstätte im nordöstlichen Teil des Alten Friedhofs (Eisenbahnfriedhof); man gehe durch die erste Tür (aus der Stadt kommend), dann den parallel zur Straße angrenzenden Friedhofsweg entlang und findet die Gedenkstätte nach gut hundert Metern zur rechten Hand.

Wir empfehlen allen Besuchern Belgards den Besuch der Gedenkstätte. Lassen Sie uns unserer Toten gedenken, die in früherer Zeit in den Kirchen und auf den Kirchhöfen St. Marien, St. Jacobi, St. Georg und St. Petri ihre letzte Ruhe fanden, später dann und zuletzt auf dem Alten Friedhof (Eisenbahnfriedhof), dem Mühlenfriedhof an der Polziner Chaussee, dem Neuen Friedhof an der Körliner Straße und dem jüdischen Friedhof beigesetzt wurden.

Manfred Pleger