Rektor Kortlepel, Belgard in „Aus dem Lande Belgard 15 Jg. Nr. 11 S. 41 – 42
Die Schivelbeiner Bürger mußten im Jahre 1812 zum Unterhalt der durchziehenden französischen Truppen beitragen. Das geschah nach dem Einkommen, nicht nach dem Besitz oder dem Verbrauch. Die Steuerliste ist erhalten und zeigt im allgemeinen den geringen Wohlstand der Bürger an. Es überrascht aber manchmal, daß augenscheinlich wohlhabende Leute niedrig eingestuft wurden, andererseits keine Dienstmagd von der Steuer verschont blieb und Festbesoldete unbarmherzig hart getroffen wurden.Wir wollen aber nicht über die Steuernot der damaligen Zeit entscheiden. Wir wollen uns nur einmal die Namen und Berufe der Bürger ansehen.
Schivelbein zählte fast 1600 Einwohner; davon waren 268 anfällige Bürger. Von 229 konnte der Beruf ermittelt werden. Die Schuhmacher eröffnen den Zug , 34 an der Zahl, mit Namen, die heute noch geläufig sind: drei Heuer, vier Lampe, zwei Korn, zwei Lüdtke, zwei Schloßhauer, zwei Röhl, drei Raspe, zwei Rohde und je ein Knaack, Harnack, Löwe, Radel, Prochnow, Schroeder, Völz, Sonnenburg, Börner, Winter, Rottschalk, Nickel, Hermann, Virchow. Unter den Schuhmachergesellen steht ein Linde.- Tuchmacher gab es 25; es waren drei Kohlhoff, vier Doege, zwei Rannov, zwei Spiegel und je ein Konradt, Schroeder, Aschenbrenner, Schlechter, Frank, Strickert, Rodenwaldt, Splittgerber, Priebe, Schwandt, Mauß, Lenz, Zernott, dazu Tuchscherer Kley aus Kolberg 1809. Die Tuchmacher waren immer noch die angesehenste Zunft; auch unter der neuen Städteordnung gaben sie den Ton an. Ihnen hinzugerechnet wurden die sieben Raschmacher, die leichtere Barchente und Flanelle fertigten. Sie hießen: Wrahse, Schulze, Frank, Theiß, Müller, Kaapke, Knuth. Von den vierundzwanzig Stadtverordneten des Jahres 1809 stellte die Tuchmacherzunft sechs, das volle Viertel, im Vergleich zu nur einem Schuhmachermeister im Stadtparlament, und gar keinem Schneider. Dabei gab es nach der Steuerliste sieben Schneider: Levin, Schimmelpfennig, Koeller, Puttkammer, Bartholdy, Weiß, und Dumslaff, der auch die Winkelschule hielt. – Die Bäckermeister waren in der Zahl zehn vertreten: Rodenwaldt, Schimmelpfennig, Mallon, Doege, Kuehl, Thimm, Kleinig, Lenz, Schulz und Virchov. – Diener Buck aufrecht: Stadtrichter Birner befahl dem Gerichtsdiener Hinz. Das Oberhaupt von Kirche und Schule stellte der Superintendent Benekendorf dar, der zweite Prediger hieß Fischer; Rektor Schramm mußte zu seinem Schuldienst hinzu noch die Frühpredigten an den großen Festtagen übernehmen. Kantor Schulze regierte Schülerchor und Orgel sowie die Grundklasse der Stadtfleischer zählte man schon sieben: Gottlieb Zernott, Martin, David und Friedrich Zernott, Christian und Johann Virchow, sowie Meister Dehnel. Diese Zahl in einer kleinen Landstadt scheint unbegreiflich. Sie täuscht. Es waren eigentlich nur zwei Fleischereien und ein Hausschlächter. Der Töpferei befleißigten sich sechs Meister: Guenther, Braun, Scheddin, Priebe, Riedrich und Nickel. Sie fertigten die Irdenware für den Hausgebrauch, und waren eben das, was der Ausdruck Töpfer besagt. Meister Nickel stellte auch Dachpfannen her, Tonziegel von ziemlichem Gewicht. ( Das Gymnasium bewahrt noch ein Stück auf. ) – Die sechs Tischler haben auch bekannte Namen: Saß, Lübner, Saniter, Dumslaff, Zingler und Schumann. Den drei Maurermeistern, Kuehl, Winter und Bernhardt, schloß sich der Zimmermeister Paul an. Das war das Bauhandwerk. Zwei Glaser sorgten für die Fenster: Kalich und Ruiffle. Schmiede gab es sieben und zwei Schlosser. Ihre Namen sind: Wiedenhaupt, Klemp, Nemitz, Dumzlaff, Beyer, Kupferschmied, Schiebner, Nagelschmied Beyram, Schlosser Neumann und Braun. Es überrascht die Zahl der Kürschner, nämlich vier: Block, zwei Dehnel und Splittgerber. ( Block und Chr. Dehnel waren Stadtverordnete.) Ein dritter Dehnel war Hutmacher, sein Konkurrent hieß Mundt. Von Böttchern findet man zwei: Voelz und Dettmer. Schließlich sind noch die Sattlermeister Bewersdorff und Artmann zu nennen, sowie der Knopfmacher Harnack, der Färber Pauly, die beiden Drechsler Hinze und Rehwinkel, die Chirurgen ( wie sie sich nannten ) Haeger und Menge, sowie der Bader Feilske. Aus Berlin war der Uhrmacher Collignon zugewandert, der gleich dem Glaser Ruiffle einen französischen Namen trug und der durch seine Kenntnis der französischen Sprache manchmal der Stadt einen Dolmetscherdienst leisten konnte. Endlich gab es noch den Gelbgießer Richnow und einen Zinngießer, der auch Klempnerei besorgte. Zum Handwerkerstande gehörte auch wohl noch der Tabakspinner Hackert, wenngleich er sich lieber Fabrikant nennen ließ und wie die Chirurgen nicht gerne den Innungsgenossen gleichgezählt werden mochte.
Von den anderen Berufen kannte jedes Kind den städtischen Hirten Leistikow, der die Kühe jeden Morgen zusammenblies, den Schafhirten Trapp und den Schweinehirten Gottschalk, der seine Schutzbefohlenen ins Hammerholz oder ins Buchholz trieb. Vom Rittergut kam im Sommer Schäfer Karth mit seiner Herde durchs Steintor, denn der Stall stand zwischen Bau- und Ritterstraße. Schivelbein war doch zum guten Teil Ackerbürgerstadt. ( Man wird es den Straßen wohl angesehen haben.) Unter den achtundzwanzig Ackerbürgern liest man die bekannten Namen Graunke ( 5 mal ), Schimmelpfennig ( 2 mal ), Krüger, Malleu, Kysow, Steffen ( 3 mal ), Wofler, Klug, Schmidt, Schroeder, Tuenge, Barz, Müller, Strey, Grunewald, Ewert, Gehrke, Altenburg, Kreisch, Rusch, Remter. Bei ihnen arbeiteten als Tagelöhner: Bartz, Dorow, Brandt, Will, Neske, Schwahn, Strey, Kogglin, Bumcke, Zirbel, Kysow, Loose, Ruthsatz, Albrecht, Kreitlow, Schroeder, Wruck. An jedem Tore der Stadt wohnte ein Torschreiber, Marcks am Steintor, Haupt am Mühlentor; ihre Vorgesetzten waren Akziseeinnehmer Zoch und Kreiseinnehmer Wendler. Zimmermann hieß der Gegenbuchführer des Kreiseinnehmers. Landjäger war Sodemann. Ob mehr im Kreise Schivelbein angestellt waren, ist ungewiss. Die Ordnung in der Stadt hielt Bürgermeister Plieth mit dem Ratsschule. Aehnlich geringe Ansprüche stellte man damals an die Post, Kommissar Schumacher und Postillion Radünz bewältigten den Dienst. Wenn Neuigkeiten zu verbreiten waren, stand ja die Hilfe der Hebamme, Zickur, zur Verfügung. Aber vielleicht machte das damals jeder Bürger gern. Pächter Müller lebte auf dem Stadthofe an der jetzigen Stadthofstraße. Landrat von Briesen bewohnte das Gut Botenhagen, das vor dem Schloßtor lag. Das Rittergut am Steintor gehörte Herrn von Ueckermann. Wo Herr von Münchow wohnte ( vermutlich ein verabschiedeter Offizier ) ist nicht festzustellen. Vielleicht war er nach der Stadt gezogen ( er stammte aus Retzin ), um dem Feldscher näher zu sein. Aber seine Verwundung befreite ihn nicht von der Kriegssteuer, ebensowenig den invaliden Holzwärter Raspe. Man verschonte niemand, am wenigsten die drei Rentner, Gillgrodt, Heuer und Teichgraeber, auch nicht den Bürgermeister a. D. Brewing. Er zahlte fast soviel wie der Apotheker Rede und die Brauer Viehlbaum, Rodenwaldt und Klemp. Der Stand der Kaufleute weist nur zwei Namen auf: Henniges und Klatt.–
Wir freuen uns, wenn wir in vergilbten Blättern die Namen unserer Vorfahren lesen. Manch ein Geschlecht davon ist ausgestorben, ein anderes stieg von unterster Stufe auf, ein drittes sank hinab. Die Frage drängt sich auf: „ Wohin gehört Dein Geschlecht?“ So liegt in der alten Steuerliste eine Mahnung an die jetzt Lebenden. Zum anderen aber ist zu ersehen, in wie einfachen Verhältnissen unsere Ahnen lebten, wie gering ihr Einkommen, wie niedrig die Ansprüche waren und wie schwer sie um ihr Dasein zu ringen hatten. Man denke nur daran, daß bei den allermeisten Bürgern Ton-Teller, – Tassen, -Kannen statt Steingut oder Porzellan auf den Tischen standen. Weiter: keine Buchhandlung, keine Zeitung, keine Musikkapelle, kein Theater, nicht einmal eine Damenschneiderin! Hart und dürftig war das Leben. Und doch dürfen wir nicht meinen, daß die Leute deshalb unglücklich gewesen wären. Wie schwer ist es manchen geworden, den einen oder die anderthalb Taler Steuern aufzubringen; es gab keine Freigrenze; einzelne Bürger entrichteten nur Groschen. Allen aber ging es hundertmal schlechter als uns. Und wir wollen klagen?