und Hechthausen / Ocwieka
Neun Kilometer südlich von Belgard gelegen, Guts- und Bauerndorf, ausgewiesen im Meßtischblatt Nr. 2062. Die Ortschaft ist schön gelegen im fast ringsum von Bergen eingeschlossenen Müglitz – Tal. Am Nordende der Siedlung dehnt sich zu beiden Seiten des Baches der prächtige Park mit seinen alten Eichen und Buchen aus. Der Name Zarnefanz ist wendischen Ursprungs und bedeutet soviel wie »Schwarze Schlange«. Diese Bezeichnung verdankt das Dorf der Tatsache, daß sich vor Jahrhunderten am westlichen Ufer der Müglitz ein mit Erlen bewucherter Morast wie ein gewaltiger Lindwurm kilometerlang hinzog. Ein Stau der Müglitz, erreicht durch einen Damm mit zwei Schleusen, bildete den Mühlenteich. Mittels der so nutzbar gemachten Wasserkraft wurde die Mühle betrieben und durch den Einbau von Turbinen soviel Strom erzeugt, daß man damit den Bedarf des Gutsbetriebes und der Wohnanlagen decken konnte. Dieses »Kraftwerk« wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut; es soll die erste Anlage dieser Art in Pommern gewesen sein und ist bis 1945 in Betrieb geblieben. Der 1,5 Kilometer vom Ort entfernte Bahnhof Zarnefanz lag an der Hauptstrecke Berlin – Stettin – Danzig – Königsberg. Durch seine günstige Lage war das Kirchdorf Zarnefanz Mittelpunkt für die benachbarten Ortschaften und Vorwerke Gippe, Graps, Hechthausen, Naffin, Sorge und Tarpenow. Bis vor hundert Jahren wies das Dort noch eine geschlossene Bebauung auf, die damals wegen der noch vorhandenen Wölfe auch notwendig war. Trotzdem sollen sich diese unter den Schwellen der leichtgebauten Viehställe mitunter Löcher gegraben und große Verheerungen unter dem Vieh angerichtet haben. Um sich einigermaßen vor diesen Eindringlingen zu schützen, wurde damals auf jedem Hof ein Wolfshund gehalten.
Laut Volkszählung 1939 umfasste die 1180,2 Hektar große Gemeinde 265 Menschen in 67 Haushaltungen; davon waren zweihundert in der Land- und Forstwirtschaft tätig. In den Industrie- und Handwerksbetrieben fanden 21 Zarnefanzer Bürger Arbeit, im Handel und Verkehr acht. Insgesamt waren neben dem Rittergutfünfzehn landwirtschaftliche Betriebe in Größen von zehn bis 48 Hektar ansässig. Zu den größten Bauern zählten Hermann Drews mit 48 Hektar, Albert Köller mit 44 Hektar, Marta Manke mit dreißig Hektar, Friedrich Maaß mit 29 Hektar, Ida Düsterhöft mit 27 Hektar und Wilhelm Heidemann mit 26 Hektar. Insgesamt gehörten den Landwirten etwa 1300 Morgen Eigenland. Einige Kleinbauern verdienten zusätzlich Geld auf dem 760 Hektar großen Rittergut Hell, das etwa 33 Familien Arbeitsplätze bot. Ständig arbeiteten dort die Rechnungsprüferin Fräulein Annemarie von Muellern, der Förster Willi Knabe, der Obergärtner Georg Homuth, der Brennereiverwalter Albert Pöpplow, der Müllermeister Wilhelm Müller, Stellmacher Gustav Zager, die Treckerfahrer Walter Jeske und Willi Züge und der Hofmeister Albert Steffen.
Nach Ermittlungen des Lehrers Ewald Drews muß Zarnefanz Mitte des 15. Jahrhunderts gegründet worden sein. Die älteste Kirchenglocke des Ortes wurde 1556 gegossen. Das zum Rittergut Zarnefanz gehörende Vorwerk Hechthausen war früher eine selbständige Besitzung, deren Herren einst der Kirche wertvolle Geschenke gemacht haben, zum Beispiel die Taufschüssel aus Messing, in deren Boden die Sündenfalldarstellung eingraviert war. Wie der Chronist Brüggemann 1784 schrieb, gehörten die Besitzungen Zarnefanz, Naffin und Denzin dem Hofgerichtspräsidenten von Münchow. Nach dessen Tode übernahm sein Sohn, Landrat von Münchow, die Güter. Als letzterer kinderlos starb, gingen die Orte an die Gemahlin des Hauptmanns von Ackermann, Charlotte, geborene von Münchow, über. Später sind sie auf die Landrätin von Borke übergegangen, die durch ihren aufwendigen Lebensstil bald in Schulden geriet und Zarnefanz und Naffin – Denzin war inzwischen abgezweigt und parzelliert worden – im Jahre 1800 an Hans von Winterfeld verkaufte. Dieser hat die beiden Güter nur eine kurze Zeit besessen, denn 1801 wird schon Rittmeister von Versen als deren Besitzer genannt. Nach seinem Tod im Jahr 1811 wurde sein Schwiegersohn, Leutnant Friedrich Wilhelm von Knebel, Generalbevollmächtigter der Güter. Von diesem und dem Erben hat Hauptmann von der Lühe Zarnefanz und Naffin für 48000 Taler gekauft und 1818 die Bewirtschaftung übernommen. 1837 übergab er seinem Sohn Theodor Zarnefanz, 1843 dem jüngsten Sohne Eckhard Naffin. Während Naffin später in andere Hände überging, ist Zarnefanz noch im Besitz derer von der Lühe verblieben. Bis Ende des Ersten Weltkrieges war Helene von der Lühe Eigentümerin, gefolgt von ihrer Enkelin, Elfriede Hell. Durch die Gründung der Bauernhöfe Albert Dahlke und Kurt Lindemann und den Bau der Bahnhofssiedlung wurde das Gut im Jahre 1935 deutlich kleiner.
Am Dorfplatz, dem Brink, befand sich der Gasthof Jeske, den »Mudder Jesch« bis 1945 betrieb. Hier wurde anlässlich großer Feierlichkeiten, insbesondere beim Erntefest (»Kranzköst«), kräftig getanzt. Die Flurnamen von Zarnefanz sind von Lehrer Drawer mitgeteilt worden: Vierpott (Haus), Roter Strumpf (Haus), Mietenberg, Galgenberg, Blankes Moor, Mittel-Moor, Grüner Bruch, Grützbruch und Sorgen-Dresch.
Zarnefanz gehörte zum Kirchspiel Lenzen. Dort wirkte zunächst Pastor Ohm, ihm folgte Pastor Borowski, schließlich Pastor Last, der jedoch bereits als Soldat eingezogen war und praktisch niemals amtierte. Drei Kirchen waren von ihm zu betreuen: Lenzen, Zarnefanz und Boissin. Nach Borowskis Tod wurde Pastor Last eingesetzt, obwohl er bereits zur Wehrmacht eingezogen war und seine Gemeinde nur während weniger Urlaubstage betreuen konnte. 1987 kehrte er erstmals nach dem Kriege in seinem früheren Pfarrhaus zum Essen ein. Letzter Lehrer an der Zarnefanzer Schule war Fritz Drawer.
Die Postagentur am Bahnhof leitete Frau Radde, der letzte Bahnwärter hieß Hans Kröning. In den zwanziger bis Mitte der dreißiger Jahre hatte Bauer Hermann Köller das Bürgermeisteramt inne, ihm folgte bis 1945 Bauer Richard Neitzel. Die Geschäfte des Amtsvorstehers besorgte Franz Wilhelm aus Ristow, bei Bedarf wurde er von Kurt Wilde aus Naffin vertreten. Geburten, Eheschließungen und Todesfälle wurden von den Standesbeamten Gerhard Holst und Walter Erfurt aus Grüssow beurkundet. Das wachsame Auge des Gesetzes war Oberlandjäger Daske aus Boissin.
Die Einwohner von Zarnefanz bis 1945
Am 6. März 1945 marschierte die Rote Armee in Zarnefanz ein. Die Dorfbewohner mußten zunächst Zwangsarbeit leisten, bevor sie von hier endgültig vertrieben wurden.
Quelle:
Damerow, Chronik des Ortes Zarnefanz