Glötzin / Glodzino

Gruss aus Glötzin

Etwa fünfzehn Kilometer südwestlich von Belgard, nahe der einstigen Grenze zum Neumärkischen Kreise Schivelbein liegt auf einer Anhöhe (126 Meter über NN) das frühere Allodial-Rittergut Glötzin mit dem Vorwerk Brandsorge. Im 19. Jahrhundert gehörte noch der Abbau Carolinenhof dazu, auch Ziegelei genannt. Nächstgelegene Bahnstation in einer Entfernung von sechs Kilometern ist Groß Rambin.

Die Gemeinde ist im Meßtischblatt Nr. 2161 ausgewiesen. 1867 schreibt Dr. Berghaus über Glötzin: »Die Feldmark begreift 4161 Morgen, 80 Ruten, 27 Gebäude und 172 Einwohner. Das Hauptgut wird in sieben Schlägen, die Vorwerke in fünf bzw. vier Schlägen bewirtschaftet. Hundert Morgen sind Rieselwiesen, die übrigen zweischurige Bachwiesen. Die Forst ist schöner Eichen- und Buchenwald. Der Viehbestand (Dezember 1865): 20 Pferde, 50 Rinder, 1500 Schafe, 20 Schweine, 29 Bienenstöcke. Die zahlreichen Gewässer sind Karpfenteiche. Eingepfarrt ist der Ort zur Standeminer Filialkirche Klein Reichow. Zum Ort gehört das Vorwerk Carolinenhof, auch Ziegelei genannt.«

Zu den bekannten Flurnamen der Glötziner Feldmark gehören: Dove Heide (Försterei, etwa zwei Kilometer nordostwärts vom Ort), Machholz, Dewsberg (Diebesweg, früher Handelsstraße), Krugwurt (einstige Leutegärten), Zotznitz, Knüppeldamm, Fuchsschwanz, Kleinrambiner Brücke, Der Giesack (Teich). Der Ortsname Glötzin dürfte eine Ableitung des wendischen »glutzkow« oder »glusina« (dichter Wald) sein. Die Bodenbeschaffenheiten der Glötziner Landgemeinde waren sehr verschieden, sie reichten von den Lehm- und Humusböden in den Ortsteilen Brandsorge und Dove Heide bis zu einfachen Sand- und Kiesböden in der nordwestlichen Gemarkung Richtung Krampe. Angebaut wurden neben den üblichen Getreidearten Kartoffeln, Steck- und Runkelrüben sowie Raps. Eine wichtige Einnahmequelle der 176 Einwohner (Stand 1939) war der Einschlag des Nutzholzes in den Forsten von Dove Heide und den Wäldern des Restgutes von Reinhold Utech, das mit zweihundert Hektar Nutzfläche ebenso zu den Großbetrieben zählte wie die Wirtschaften von Richard von Negenborn mit sechshundert Hektar im Bereich der Försterei Dove Heide und Richard Wellershaus mit hundert Hektar in Brandsorge. Daneben gab es noch drei Betriebe mit etwa dreißig Hektar und dreizehn kleinere Hofstellen mit zehn bis zwanzig Hektar Nutzfläche.

Glötzin war ein altes Lehnsgut derer von Podewils. 1645 waren Obristleutnant Podewils sowie Joachim und Christoph Podewils Besitzer der Ortschaft. Im Jahre 1767 nahm der General-Major Friedrich Wilhelm von Podewils das Gut in Besitz.

Zu jener Zeit (1773) wurden dem Gut Glötzin landesherrliche Meliorationsgelder angewiesen. 1778 lebten im Ort fünfzehn »ausländische« Siedler, unter ihnen Gottlieb Kapler-Schäfer aus Sachsen, Johannes Wehrling aus Bayern, Casper Körner-Maurer aus Bamberg, W. Dumken aus der Schweiz, Peter Zamorry aus Frankreich sowie Bernd Strach und Joh. Frank aus Polen. Am 29. April 1780 verkaufte der General-Major F. W. von Podewils das Gut seiner Ehefrau Eleonore Caroline, geborene von Woisky. Letztere veräußerte das Gut zwei Tage darauf am 1. Mai 1780 an den General-Major Carl Erdmann Freiherr von Ritzenstein. Nach von Ritzensteins Tod erwarb es der Hofrat Friedrich Gottlieb Anderson von der Tochter des Freiherrn. Dieser verkaufte die Besitzung 1818 an Daniel Ziemer, der 1848 starb. Ziemers Erben traten Glötzin an Kanneberg ab, dem wiederum folgte 1852 Klertner als neuer Eigentümer. In den folgenden Jahren wechselten die Besitzer mehrfach, bis Glötzin nach dem Ersten Weltkrieg versiedelt wurde. Die Siedler kamen nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Westpreußen, Posen, Wolhynien und der Oberpfalz.

Die Gemeinde Glötzin hatte kein eigenes Gotteshaus. Die evangelischen Christen gehörten zur Kirche in Arnhausen. 1927/1928 unterrichtete Lehrer August Steineke an der Glötziner Dorfschule fünfzehn Jungen und neunzehn Mädchen aus dem Gemeindebezirk. Er blieb während des Krieges im Amt. Bürgermeister von Glötzin war Herbert Ponath, Amandus Janke war Ortsbauernvorsteher. Das Amt des Amtsvorstehers und seines Vertreters versahen Georg Maaß und Willi Frank. Die Bearbeitung von Personenstandsangelegenheiten oblag den beiden Standesbeamten Johannes Steltner und Walter Schulz. Oberlandjäger Miels hatte seinen Wohn- und Dienstsitz in Groß Rambin. Auf dem Hof von Artur Bahr wurde 1939 ein Kindergarten eingerichtet. Walter Kleinschmidt betrieb die Dorfschmiede; um das Schuhwerk der Dorfbevölkerung kümmerte sich bis 1939 Schuster Erhard Voigt, ihm folgte Stach. Den örtlichen Gasthof führte bis Mitte 1942 Julius Gierke, danach übernahm Fritz Kuchler den Betrieb. Der Glötziner Volkssturm, stationiert in Groß Rambin, wurde in Falkenburg, Kreis Dramburg, eingesetzt.

Die Landgemeinde Glötzin wurde im März 1945 von den aus Richtung Groß Rambin kommenden russischen Truppen kampflos eingenommen; trotzdem wurden viele Gebäude, wie z. B. die Scheune von Schwandrau in Brandsorge und das Wohnhaus von Oskar Janke in Glötzin in Brand gesetzt. Sechs deutsche Soldaten, die sich im Ort versteckt hatten, wurden durch Verrat aufgespürt und ostwärts von Battin von den Rotarmisten ermordet. Ein Teil der zivilen Dorfbevölkerung sowie viele ostpreußische Flüchtlinge wurden von den Eroberern in Richtung Nelep getrieben, einige unterwegs erschossen. 1946 kam es zur Vertreibung der Deutschen durch die Polen.

1958 veröffentlichte die Pommersche Zeitung einen Augenzeugenbericht: »Über Glötzin konnten wir nicht viel erfahren. Es steht jedoch fest, daß einige Häuser an der dem Hasselberg zugewandten Seite von den Polen abgerissen wurden. Auch der kleine Kirchhof an diesem Berge besteht nicht mehr. Das Gut ist in einen Staatlichen Landwirtschaftsbetrieb umgewandelt worden und im wesentlichen intakt geblieben. Der Park am Nordwestausgang ist verschwunden.« 25 Jahre später, im Mai 1983, schilderte ein ehemaliger Einwohner nach einer Heimatreise seine persönlichen Eindrücke: »Das Dort ist zum Teil verwahrlost, der Friedhof verwüstet, viele Gräber wurden aufgerissen. Ungepflegt sind das Gasthaus und die Schule. Das frühere Gutshaus sowie das Arbeiterhaus des Restgutes Utech sind in relativ gutem Zustand. Anstelle der Gutsscheune befindet sich eine kleine Kapelle; der Kornspeicher, die Bauernhäuser der Familien Vogel, Kohls und Brandt stehen noch, machen jedoch einen ungepflegten Eindruck. Die Häuser der Familien Ponath und Paul Janke sind verschwunden.«

Quelle:
Der Kreis Belgard, S. 387 – 389

Glötzin 1655
Besitzer: Ewald v. Podewils
Einwohner: Hans Pickerun, 1 Hufe

Glötzin 1666
Besitzer: Sel. Joachim v. Podewils Witwe ( vermählte v. Wedel ), Oberstleutnant Matz v. Podewils, Oberstleutnant v. Podewils, Christoph v. Podewils
Einwohner: Maaß, ein Wedelscher Verwalter
Dinnies Voigts Hof wird von einem Arrendarius Erdmann gebraucht
Daniel Wesenholts Hof ist wüst

Quelle: Schulmann, Einwohnerverzeichnis von Hinterpommern, S. 138