Natztow war ein reiches Guts- und Bauerndorf etwa zehn Kilometer südwestlich von Belgard (Meßtischblatt Nr. 2061). Die Kleinbahn Rarfin – Belgard hatte in Natztow einen Haltepunkt und bot gute Verkehrsverbindungen für den Personen- und Gütertransport nach Belgard. Die nördliche Gemeindegrenze bildete die Persante, in früheren Jahren war sie gleichzeitig Grenze zum Fürstentum Cammin. Nördlich des Ortes entstand hier im benachbarten Gemeindebereich Rostin kurz vor Kriegsbeginn 1939 das erste Unterwasserkraftwerk Deutschlands. Natztow war ein altes Wopersnow-Lehen und zeitweilig in diesem Familienverband aufgeteilt. Auch Heinrich von Brockhausen hatte hier Besitzungen. Am 25. November 1873 wurde der gesamte Gutsbereich an Hauptmann von Kleist aus dem benachbarten Kamissow verkauft. Das Rittergut blieb bis Kriegsende 1945 durch Vererbung im Familienbesitz, letzter Eigentümer war Kurt von Kleist. Die Erträge lagen in Natztow weit über dem Kreisdurchschnitt. Sämtliche Feldfrüchte einschließlich Klee, Weizen und Zuckerrüben konnten angebaut werden. Während die Bauern in den Gutsdörfern im allgemeinen die leichteren Böden bewirtschafteten, lag die Bodengüte der bäuerlichen Betriebe in Natztow noch über der des Gutsbezirks. Die mündlich überlieferten Flurnamen tragen Bezeichnungen wie Insel (Reste alter Wendenbefestigungen), Groot und Klein Wall, Entendiek, Schopwäsch, Köstediek, Schultediek, Hirepaul, Zäjehöön, Rohrlock, Kalkbarg, Zijenebusch (Zigeunerbusch), Dat Maue, Kaudrift, Hinnehult, Schnockebrauk, Hoppebaach, Kaustiech, Leimbaach, Sandbaach, Dubbelriech, Jaljebaach (Galgenberg) und Botterwinkel. Der frühere Gutsbezirk und der Gemeindebezirk sind 1928 zur Landgemeinde Natztow zusammengelegt worden.
1867 wurden in Natztow 197 Einwohner, dreizehn Wohnhäuser, elf Wirtschaftsgebäude und ein Schulhaus gezählt. Neben dem Gut waren acht weitere landwirtschaftliche Betriebe ansässig. Der hohe Viehbestand von 36 Pferden, 11 Rindern, 1407 Schafen und 58 Schweinen zeugte von ertragreichen Böden. 1939 wohnten noch 155 Menschen in 36 Haushaltungen am Ort. Die bäuerlichen Betriebe wurden von den Familien Molzahn-Beilfuß, Paul Müller, Schalow, Schumacher und Willi Zubke bewirtschaftet. Auf dem Gut wurden in jener Zeit noch Dampfpflüge eingesetzt. Die Kartoffelernte wurde überwiegend in der Brennerei in Kamissow verarbeitet, die Milch mit der Kleinbahn nach Belgard transportiert.
Das Bürgermeisteramt versah Karl Nettel; Ortsbauernführer war Willi Zubke. Die einklassige Volksschule wurde lange Zeit von Lehrer Richard Schröter geleitet. Die Gutsgemeinde war dem Kirchspiel Standemin, die Bauerngemeinde dem Kirchspiel Rarfin zugeordnet. Weitere öffentliche Ämter hatten Richard Schröter und sein Vertreter Karl Göttel als Amtsvorsteher sowie Otto Elert und Wilhelm Eichstädt aus Rarfin als Standesbeamter bzw. Stellvertreter inne. Landjägermeister Mau aus Vorwerk sorgte für öffentliche Sicherheit und Ordnung. Neben einer Freiwilligen Feuerwehr gab es keine weiteren dörflichen Vereine.
Natztow wurde am 3. März 1945 von russischen und polnischen Einheiten kampflos besetzt. Bereits im Sommer übernahmen die Polen die deutschen Besitztümer, die Vertreibung begann im Dezember 1945.
Quelle: Der Kreis Belgard, S. 428
Natztow 1655
Besitzer: Claus v. Wopersnow, Jochim v. Wopersnow, Jochim Jürgen v. Wopersnow
Einwohner: Michel Paul, Frantz Bartz, Jürgen Köppen, Michel Nitzell, je 2 Hufen, Bauern
Chim Blisse, Hans Müller, Hans Krüger, Kossäten
Quelle: Schulmann, Einwohnerverzeichnis von Hinterpommern, S. 134