Petersdorf / Zukowek
Das einstige Allodial-Rittergut und Bauerndorf mit Pfarrkirche liegt fünfzehn Kilometer nordöstlich von Bad Polzin unweit der Persante in einer flachen Gegend (Meßtischblatt Nr. 2163). Nördlich des Dorfes liegt das zur Gemeinde gehörende Vorwerk Petersdorf. Es hat seinen Namen nach einem Herrn von Petersdorf erhalten, der früher in einem Tagelöhnerhaus an dem Weg nach Damen gewohnt haben soll. Mitte des 19. Jahrhunderts waren auch noch die Wohnplätze Brückenkaten, Mühle und Mutin bekannt.
Günter Westphal, Sohn des letzten Gutsbesitzers in Petersdorf vor 1945, erinnert sich an die Gutsarbeiter: »Die Menschen waren zu jener Zeit auch ohne Wohlstand zufrieden. Sie erhielten einen bescheidenen Lohn, Getreide zur Brotherstellung und konnten allgemein eine Kuh und etwas Federvieh halten. Jede siebte gehaltene Gans mußte an den »Herrn« abgegeben werden. Ich erinnere mich, daß deshalb viele Familien entweder nur dreizehn oder zwanzig Gänse hielten. Petersdorf war der Brennereigenossenschaft Groß Tychow angeschlossen. Mein Vater war Vorstandsmitglied. Der Verwalter der Brennerei hieß Heinrich Draht, er hatte auch unsere Jagd gepachtet. Die Milch von den rund dreißig Kühen wurde täglich zur Molkerei nach Groß Tychow gebracht. Zum Leiter der Molkerei, Herrn Gneist, bestand ein gutes Verhältnis.«
Die erste urkundliche Erwähnung Muttrins geht auf das Jahr 1384 zurück. Im Lehnbrief von Herzog Wartislaw V. hieß es, daß Prissebur Kiest (von Kleist) mit einem Teil der Ortschaft belehnt war. Im Vergleichsverfahren von 1753 übernahmen Ewald Friedrich und Peter von Kleist das Gut Muttrin je zur Hälfte. Etwa dreißig Jahre später (1784) gehörten sowohl Muttrin als auch Döbel Friedrich Wilhelm von Kleist auf Klein Dubberow. Seit 1840 war Karl Ludwig August Franz v. d. Osten aus Plathe Eigentümer von Muttrin und Petersdorf. Die durchweg leichten Böden wurden vom Rittergut (296 Hektar Nutzfläche; Besitzer: Hans von Altenbockum), dem Gut Petersdorf (171 Hektar; Besitzer: Emil Westphal) und zweiunddreißig Bauern mit Betriebsgrößen zwischen fünf und fünfundzwanzig Hektar bewirtschaftet. 1939 hatte die Gemeinde 306 Einwohner in 74 Haushaltungen. Zahlreiche Flurnamen aus der weitläufigen Gemarkung sind bis heute überliefert: Burgfließ (Graben, nach der früheren Burg in der Nähe des Gutes), Doms Teich (Ende des vorigen Jahrhunderts wohnte hier der »Regiment« Dorn in einem Blockhaus), Zigeunerplatz, Judenwiesen, Barzenkaten, Kreuzweg, Pastorenfichten, Rehberge, Waltershof, Fief Hauwe Schlag (Fünf-Hufen-Schlag) und Züls.
In den Jahren 1924 bis 1929 wurden im Bereich der Sandgrube in den Pastorenfichten zahlreiche Urnenreste und zwei Tongefäße sowie verschiedene Brandstellen entdeckt. Diese vorgeschichtlichen Funde deuten auf eine Besiedlung in der frühen Eisenzeit etwa 800 bis 500 Jahre vor Christi hin.
Im Ortskern von Muttrin lag die Gastwirtschaft und Lebensmittelhandlung Krahn. Außer der Dorfschmiede von Werner Kufalk war kein weiterer Handwerksbetrieb vorhanden. Die Poststelle wurde von Herbert Jeske geleitet. Bürgermeister war Fritz Scheunemann. Amtsvorsteher Wilhelm Fik und sein Vertreter Walter Priebe sowie die Standesbeamten Walter Thurow und Reinhard Treptow hatten ihren Wohnsitz in Zadtkow. Das Amt des Ortsbauernführers versah Richard Krause. Die Volksschule wies bereits zwei Klassenräume auf. 1928 unterrichtete hier Lehrer Albert Mundt zweiunddreißig Jungen und dreiundzwanzig Mädchen aus Muttrin und Petersdorf. Letzter Lehrer vordem Zusammenbruch war Ernst Lange. Der letzte Seelsorger von Muttrin, Pastor Herbert Venske – Nachfolger des 1930 pensionierten Pastors Hermann Osterwald – besuchte 1974 seine alte Gemeinde. Danach schrieb er: »Die Kirchen von Muttrin und Damen haben den Krieg heil überstanden. Nur die Muttriner Kirche ist innen dem katholischen Kultus entsprechend verändert worden: Emporen und Kanzelaltar wurden entfernt, und so entstand eine schlichte Saalkirche mit Altar an der Stirnseite und dem Kanzelpult daneben. Die immer noch vermissten Kirchenbücher habe ich kurz vor meiner Vertreibung (23. November 1945) der Familie von Kleist-Retzow (vertrieben 1946) überlassen.«
Die Kirche 1987
Nach Kriegsende 1945 wurden die Güter Petersdorf, Muttrin, Klein Krössin und Kieckow zum Kombinat Kieckow zusammengeschlossen. 1985 gehörten zum Kombinat 1200 Kühe und neun Pferde. Das Land wird mit dreißig Traktoren bewirtschaftet. Für die Feldarbeiten sind fünfundvierzig, für die Kuhställe dreiunddreißig und für Büroarbeiten zwölf Personen angestellt. Etwa 15000 Liter Milch des Kombinats werden täglich in die Molkerei Groß Tychow geliefert. Über das Wiedersehen mit Muttrin und Petersdorf im Jahre 1974 berichten Herbert Hoffmann und Pastor Herbert Venske weiter: »Bewegend war für uns alle am zweiten Tage das Wiedersehen mit unseren früheren Wohnstätten. Einzelne Häuser waren nicht mehr vorhanden. Vielleicht waren sie zu baufällig, daß eine Reparatur nicht mehr lohnte. Zudem konnte das Material wieder verwendet werden, soweit es noch brauchbar war. Die alten Friedhöfe in Muttrin, Zadtkow, Damen und Burzlaff waren der Natur überlassen worden, selbst die Eingänge waren zugewachsen. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Grabstätten nicht mehr identifiziert werden. Die polnische Bevölkerung kam uns überwiegend freundlich entgegen. Einige von uns wurden sehr gastlich bewirtet. Es gab sogar teilweise ein Wiedererkennen mit Polen, die 1945 schon ansässig waren. Der Pole Anton, der mich als Pfarrer respektierte und mir bei der Ausweisung damals ein freundliches Wort sagte, legte Wert darauf, mich jetzt wieder zu begrüßen. Der Priester hatte am Sonntag vorher die Gemeinde auf unser Kommen hingewiesen. So war die Kirche am Montag gefüllt mit den früheren und jetzigen Bewohnern. Ich fragte ihn, ob wir auch einen Choral singen dürften. Er gab seine Zustimmung. Wir sangen den Vers »Jesu, geh voran«. Ich begrüßte besonders die vielen ehemaligen Konfirmanden, die ich einst in dieser Kirche konfirmiert hatte. Heute sind sie zum Teil schon Großmütter und ehrbare Väter. Ich bemühte mich, die Polen, die in der Kirche zahlreich anwesend und die ja größtenteils auch Vertriebene waren, in gleicher Weise anzusprechen. Das gemeinsame Vaterunser und der Segen schlossen die Feier. Bei vielen gewahrte ich Tränen der Rührung, nicht zuletzt auch bei den Polen. Als wir Muttrin mit dem Bus verließen, winkten die Polen. Wir schieden wie von Freunden.«
Quelle: Der Kreis Belgard, S. 424 – 426
Nachnamenregister der Kirchenbücher Damen und Muttrin
Muttrin 1867
Im Jahre 1867 gehörten zum Gut Muttrin ( Mutrin ) das Vorwerk Petersdorf, die Muttriner Mühle ( eine Wassermühle ) und der Brückenkaten ( eine Schankwirtschaft ).
Im Einzelnen:
Wohnhäuser | Wirtschafts | Einwohner | Pferde | Rinder | Schafe | Schweine | Ziegen | Bienenstöcke | |
gebäude | |||||||||
Muttrin | 18 | 17 | 208 | 31 | 68 | 1188 | 56 | 3 | 13 |
Brückenkaten | 1 | 5 | 3 | 3 | 1 | 4 | |||
Mühle | 1 | 3 | 9 | 2 | 6 | 35 | 6 | 3 | |
Petersdorf | 3 | 8 | 47 | 9 | 1302 | 11 | 9 |
Quelle: Berghaus, Landbuch des Herzogtums Kaschubien